Anmerkungen von Nader Mashayekhi, September 2010 “All das, was ich hier schreibe, sind Interpretationen. Nach einer Weile nehme ich mein Stück nun wahr: Ich war damals beschäftigt mit Unterschieden in der Wiederholung. Für mich war klar, dass die Dauer der Wiederholungen grundlegend darüber entscheidet, welchen emotionellen Eindruck sie vermitteln. Für mich erschien es so, dass, während die Veränderung einer der wichtigsten Faktoren der Zeit, also der Natur ist, die Wiederholung einen menschlichen Aspekt der Ereignisse darstellt. Vielleicht durch unsere  Tendenz gegenüber den glücklichen Zeitspannen - da wir die Zeit nicht anhalten können, müssen wir uns damit begnügen, sie mehrere Male zu erleben. Sehr bald wirkt die Wiederholung nun als Seismograph für die Unterschiede in wiederholten Ereignissen. Damals stellte sich mir eine Frage: Wo ist die Grenze der Wahrnehmung bei einem Prozess der Veränderung. Warum spüre ich nicht die Bewegungen von Pflanzen, die wachsen? Oder warum sehe ich meine weißen Haare erst dann, wenn der Prozess vollzogen ist? Ich ging öfters in die Natur und saß da, um den Sonnenuntergang zu erleben. Ich wollte erleben, dass ich es bin, der sich bewegt und nicht die Sonne. Ich wollte wissen, was passiert, wenn wir ein Ereignis sehr lange wiederholen. Ich habe immer wieder gehört, dass keine exakte Wiederholung existiert - aber das war nicht meine Frage. Meine Frage war: Gibt es ein Muster der Veränderungen? Womit hängen diese Veränderungen zusammen? Dass die Veränderungen von meiner Art der Perzeption abhängig sind, war mir klar. Der zweite Kaffee schmeckt anders, und der dritte wieder anders, et simila. Was ändert sich, und wie?” Nader Mashayekhi wurde 1958 in Teheran geboren. Nach einer Ausbildung in Klavier und Tonsatz am Teheraner Konservatorium folgten Studien an der Musikhochschule in Wien: Tonsatz bei Erich Urbanner, Dirigieren bei Karl Österreicher, Komposition bei Roman Haubenstock-Ramati sowie Elektroakustik bei Dieter Kaufmann. 1989 gründete Nader Mashayekhi des Ensemble Wien 2001. Seine umfassende Beschäftigung mit Computer- und Videoinstallationen gipfelte in der Komposition der Multimediaoper "Malakut", (UA im Herbst 1997 im Rahmen des Festivals "Wien modern"). Der Komponist setzte sich in den letzten Jahren zunehmend mit persischem Kulturgut auseinander. Mashayekhi führte zeitgenössische westliche Komponisten wie John Cage, Morton Feldman und Frank Zappa in Irans Musikleben ein. Von 2006 bis 2007 war er Chefdirigent des Tehran Symphony Orchestra. 2008 gründete Nader Mashayekhi das "Tehran Philharmonic Orchestra". Der niederländische Filmemacher Frank Scheffer portraitierte Mashayekhis Werk und Arbeit in den Filmen "To be and not to be" (VPRO) und "Das junge Philharmonische Orchester Teheran" (3SAT).