shut up and listen! 2011 Interdisziplinäres Festival für Musik und Klangkunst ALLGEMEIN          PROGRAMM          SUAL AWARD          PRESSE          IMPRESSUM          SUAL HOME 8. Dezember 2011, 19.00 Hossam Mahmoud (EG) & Frank Stadler (AT) Der Atem der Reinheit – Für Oud und Violine (UA) Der Klang ist grenzenlos Der Atem der Reinheit. Reinheit meint in der uralten Lehre der Sufis die Freiheit des Herzens von Unwissenheit  und Aberglauben, von Egoismus und Fanatismus. Im Herzen liegt das Geheimnis des Lebens, im Ausatmen seine  Kunst. Sufi ist der Liebende, der Geliebte ist Gott, ein Gott, der nicht an eine bestimmte Religion gebunden ist.  Mag der Sufismus auch im Islam beheimatet sein, mag das arabische Wort nun Reinheit bedeuten, Schurwolle  (nach den wollenen Gewändern der Sufis) oder gar vom griechischen „sophia“ (Weisheit) stammen, die Lehre  sagt, dass in allen großen Religionen grundlegende Wahrheit zu finden ist, ja dass die Mystik des Sufismus über  den Religionen steht. Der Weg der Sufis geht, vereinfacht betrachtet, vom Gesetz des Mein und Dein zur zweiten Stufe, auf der „meins deins und deins meins“ ist, zur dritten Stufe der über dem Gesetz stehenden Wahrheit  und zur vierten der Erkenntnis, in der es „kein Ich und kein Du“ mehr gibt und nichts und niemand von Gott  getrennt ist. So betrachtet, war Franz von Assisi ebenso ein Sufist wie zum Beispiel Buddha.  Der Komponist ist auf der Suche nach zwei wesentlichen Dingen des Lebens, dem Atem und der Reinheit, zu den  verschiedenen Schulen der Sufis in Ägypten gegangen, in deren Lehre der Atem eine ebenso wichtige Rolle spielt wie die Reinheit. Er hat von ihnen die Erlaubnis erhalten, während der Feierlichkeiten Aufnahmen zu machen.  Man muss zu den echten Sufis gehen, um ihre Musik und ihre Reinheit zu finden. Sie geben, ihrer Philosophie  entsprechend, keine Konzerte. Die Geige hat viele Wurzeln, eine Spur scheint bis in das 8. Jahrhundert in den spanisch-maurischen Bereich  zurück zu führen. Vieles, was in der so genannten abendländischen Kultur bedeutsam ist, wurzelt im  Morgenland. Jedenfalls ist die Geige oder Violine (eigentlich die kleine Viola) eines der Paradeinstrumente der  so genannten abendländischen Kultur geworden. Der Körper der Geige ist aus Holz gefertigt und dies eint sie mit der Oud; eigentlich müsste man gemäß dem Arabischen „der Oud“ sagen. Doch aus dem nahöstlichen bundlosen  Instrument, dessen Name wörtlich Holz bedeutet und das bis weit in die Antike zurück verfolgt werden kann,  wurde über eine wichtige Zwischenstation in Andalusien, dieser Forschungsstation weltumfassender und die  Welt verbindender Kultur im Mittelalter, die weibliche Laute. Aus „al-Oud“ wurde einfach laúd, Laute, liuto,  lute und so weiter. Dass auch heimkehrende Kreuzfahrer an der Verpflanzung des Instruments in den Westen  beteiligt waren, erzählt von kultureller Befruchtung sogar dort, wo wahnhafte Ideologien eigentlich Hass säten.  Die klassische arabische Musik lässt sich teilweise auf altgriechische Tonsysteme zurückführen und verwendet  Vierteltöne, die in Europa zwar schon im 11. Jahrhundert in einer Klosterhandschrift aus Montpellier  nachweisbar sind, aber bis ins 20. Jahrhundert nur sehr vereinzelt von wagemutigen Musikern verwendet  wurden. Erst in der Moderne wurde die Mikrotonalität in den Formenkanon der europäischen Musik verstärkt  aufgenommen. Im allgemeinen Bewusstsein bedeutet europäische Musik jedoch weiterhin eine musikalische  Sprache, die mehr oder weniger stark dem tonalen System verpflichtet ist. Der Geiger in unserem Konzert  kommt aus der Welt der einen, der Oudspieler aus der Welt der anderen Sprache der Töne. Beide sind aber auch in die jeweils andere Sphäre gewandert und mit ihr vertraut. In diesem Konzert treffen sie einander im Land der  grenzenlosen Klänge.  [Gottfried Franz Kasparek: Werkeinführung zu „Der Atem der Reinheit“] Hossam Mahmoud Der in Kairo geborene Komponist und Instrumentalist Hossam Mahmoud studierte an der Universität seiner  Heimatstadt sowohl orientalische Musik als auch die europäische Musiktradition, außerdem Bratsche, die  arabische Laute Oud und Musikpädagogik. Seine Kompositionsstudien setzte er 1990 an der Musikhochschule in  Graz bei Beat Furrer und an der Universität Mozarteum in Salzburg bei Boguslav Schaeffer fort. Mahmoud lebt  als freischaffender Komponist und Interpret in Salzburg und setzt sich seit Jahren für den Dialog der Kulturen  ein. Hossam Mahmoud hat 2005 das Salzburger Landestipendium für Musik erhalten, seine Werke wurden u.a.  vom stART Festival 2003 in Salzburg und bei den Klangspuren 2008 in Schwaz uraufgeführt. Für die Paul  Hofhaimer-Gesellschaft entstanden bisher drei Bühnenwerke, die sowohl in der Kollegienkirche in Salzburg als  auch an der Oper in Kairo aufgeführt wurden. Neben seiner Tätigkeit als Komponist ist Hossam Mahmoud immer  wieder als Oud-Spieler zu erleben.  Frank Stadler Frank Stadler erhielt seinen ersten Geigenunterricht im Alter von fünf Jahren. Sein wichtigster Lehrer war  Helmut Zehetmair, bei dem er am Salzburger Mozarteum studierte, mit Auszeichnung absolvierte und dessen  Assistent er wurde. Es folgten Studien bei Ruggiero Ricci und Meisterkurse bei Thomas Brandis, Franco Gulli und  Ivry Gitlis. Mit seinem 1993 gegründeten stadler quartett konzertiert er weltweit und ist regelmäßig Gast bei  den Salzburger Festspielen (u. a. mit Schönbergs „Ode an Napoleon“ mit Dietrich Fischer-Dieskau, Stockhausens  „Helikopterquartett“). Die 2010 bei „Neos“ eingespielte CD mit den Streichquartetten von Helmut Lachenmann  bekam den Pasticcio-Preis des ORF. Frank Stadler ist seit 1999 erster koordinierter Konzertmeister des  Mozarteumorchester Salzburg und tritt auch solistisch in Erscheinung. Die Live-Aufnahme der „Haffnerserenade“  unter Hubert Soudant wurde in die Reihe der Festspieldokumente aufgenommen, ein Konzertmitschnitt der  „Concertone“ von Mozart unter Frans Brüggen als DVD veröffentlicht.  2011 spielte er im Wiener Musikverein mit  dem Tonkünstlerorchester das Mendelssohn Violinkonzert in e-moll. Als Gastkonzertmeister wurde der Musiker  vom Tokyo Symphony Orchestra, der Camerata Salzburg, den Nürnberger Philharmonikern und dem Münchner  Kammerorchester eingeladen. Boguslav Schaeffer komponierte für Stadler zum Warschauer Herbst 2003 ein  Violinkonzert. 2009 veröffentlichte der ORF die Live-Einspielung der sechs Sonaten und Partiten von Bach. 2011  erschien beim Label 'Two Pianists' eine zusammen mit dem portugiesischen Pianisten Luis Magalhaes  aufgenommene CD mit Werken von Janacek, Schubert und Schumann. Frank Stadler leitet derzeit eine  Violinklasse an der Universität Mozarteum in Salzburg.  http://www.frankstadler.com