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KONZEPT

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shut up and listen! 2024

All e IN – Gedanken zum konzeptuellen Hintergrund

In einer Epoche, die von wachsender Radikalität und signifikanten Brüchen gekennzeichnet ist, in welcher die Spannungen zwischen individueller Identität und kollektiver Solidarität zunehmend die politischen und sozialen Diskurse spalten, sind wir teilnehmende Zeugen multipler paradigmatischer Transformationen – ökologisch, technologisch, ideologisch, gesellschaftlich, individuell und sogar spirituell. Es stellt sich die Frage: Bieten Universalismus und die Prinzipien der Aufklärung noch adäquate Antworten auf die Entfremdungserscheinungen des Kapitalozäns?

Die Herausforderungen der heutigen Zeit zwingen uns gerade, unsere eigenen Überzeugungen intensiv zu hinterfragen und die Vielfalt menschlicher Erfahrungen und kultureller Einsichten zu evaluieren, auch solcher, die jenseits des westlichen Konzeptrahmens liegen. Im Spannungsfeld zwischen der Autonomie des Individuums und der Solidarität mit den am wenigsten Gehörten, muss – ja, sollte unbedingt – ein neues Verständnis von globaler Gemeinschaft entwickelt werden, dass sich über die engen Grenzen nationaler oder kultureller Identitäten hinaus erstreckt.

Kunst, oft wahrgenommen als ein apolitisches und neutrales Konstrukt, das sich über die täglichen Sorgen und existentiellen Ängste des Menschen erhebt, birgt in Wahrheit eine tieferliegende Dimension des Aufbegehrens und des Widerstands gegen die kommerzielle Instrumentalisierung und die ihr extern aufgezwungenen monetären Werte. Sie verkörpert die Ablehnung einer direkten, geldwerten Verwertung und richtet den Blick stattdessen auf das Wesen der Schönheit, das sich simplen politischen oder strategischen Kategorisierungen entzieht.

Insofern begreifen wir die Kunst als ein Mittel der Anarchie und des Widerstands, da sie eingefahrene Strukturen und die vorherrschende Ordnung in Frage stellen kann. Diese Auffassung eröffnet einen Raum für radikale Reflexion und bedeutende Veränderungen, markiert Wendepunkte, an denen neue Perspektiven und alternative Interpretationen zum Vorschein kommen.

Somit wird Kunst zum Spiegel der Individualität und der Machtstrukturen, als Resonanzboden für die Stimmen der ungehörten Propheten unserer Zeit. Sie thematisiert das Spannungsfeld zwischen Macht und Ohnmacht, zwischen Individuen und den dominierenden Strukturen, die sie umgeben.

Belma Bešlić-Gál, Februar 2024