shut up and listen! 2024

Donnerstag, 10. Oktober 2024 @ echoraum, 20:00
Ludmila Frajt: Srebrni zvuci (Silberne Klänge)
für Streichquartett und Silberlöffel
mit Koehne Quartett
Srebrni zvuci (Silberne Klänge)
Das Streichquartett Srebrni zvuci (dt. Silberne Klänge) wurde 1972 komponiert. Auf innovative Art und Weise wird darin die Idee zum Ausdruck gebracht, die Klänge von Silberlöffeln und einem Streichquartett miteinander verschmelzen zu lassen. Die Komposition besteht aus einem Satz in freier Polyphonie, der auf dem Prinzip des kontrollierten Aleatorismus basiert. Die Dauer der einzelnen Sequenzen wird in Sekunden angegeben und bleibt der freien Interpretation der Ausführenden überlassen. Die Anordnung der kontrastierenden Tempi – langsam-schnell-langsam – vermittelt den Eindruck einer dreiteiligen Kompositionsform. Der erste Teil – Lento – beginnt sanft mit einem hellen, klingenden Ton, der durch das Anschlagen von silbernen Löffeln erzeugt wird, die paarweise an den Notenständern der Musiker hängen. Zu diesem silbernen Klang, der der Komposition ihren Namen gibt, gesellen sich nacheinander die vier Streichinstrumente mit kaum hörbaren hohen Flageoletts und raschelnden Akkorden in der tiefen Lage. Im zweiten, mittleren Abschnitt – Poco agitato – entwickeln die Streicher ein lebhaftes Spiel mit großen Intervallsprüngen und ausdrucksstarken Tremoli dissonanter Akkorde in Bratsche und Cello. Der Höhepunkt der Komposition wird durch das Anschlagen der Holzkörper der Instrumente erreicht, welches der freien Interpretation der Intentionen des Komponisten überlassen bleibt. Der silbrige Klang der Löffel deutet auf den abschließenden langsamen Abschnitt hin, der sich vom ersten dadurch unterscheidet, indem es zu einer subtilen tonalen Verflechtung der Stimmen kommt, die sich im zitternden silbrigen Klang auflösen und allmählich verschwinden.
[Ludmila Frajt]
![[Ludmila Frajt; Foto_Courtesy of Hristina Medić]](https://sp-ce.net/wp-content/uploads/2024/10/Ludmila-Frajt-Foto__Courtesy-of-Hristina-Medic-229x300.webp)
Ludmila Frajt
Ludmila Frajt (Belgrad 1919–1999) entstammte einer musisch geprägten Familie mit vielfältigen kulturellen Wurzeln. Ihr Vater, von tschechischer Herkunft und aus Pilsen stammend, verkörperte die mitteleuropäische Tradition. Ihre Mutter vereinte in sich sudetendeutsche und rumänisch-vlachische Abstammung, deren Vorfahren sich bereits Mitte des 19. Jahrhunderts in Belgrad niedergelassen hatten. Diese multikulturellen Einflüsse prägten zweifellos Frajts künstlerisches Schaffen und ihre Sensibilität für unterschiedliche musikalische Ausdrucksformen.
Ihr Musikstudium begann sie 1937 an der Musikakademie in Belgrad, zunächst im Fach Klavier (in der Klasse des tschechischen Pianisten Emil Hajek), ab dem darauffolgenden Jahr auch im Fach Komposition (zunächst bei Miloje Milojević und dann bei Josip Slavenski). Ihr Studium schloss sie 1946 mit der Sinfonie in D ab.
Das Bestreben, neue Klangtrends zu erforschen, führte sie Anfang der 1960er Jahre nach Darmstadt und später in das Experimentalstudio des Tschechischen Rundfunks in Pilsen, wo sie ihre erste elektroakustische Komposition Asteroiden (1966) schuf. Es war jedoch ihre Arbeit in der Musikabteilung von Avala Film und das Komponieren zahlreicher Filmmusiken sowie Musik für Hörspiele, die ihr Bestreben, ihren musikalischen Horizont zu erweitern,am besten verwirklichte. Zweifellos beeinflusste dies auch ihre Entscheidung, die Klangpalette traditioneller Musikensembles zu erweitern – so fügte sie dem Streichquartett den Klang von Silberlöffeln hinzu, der menschlichen Stimme die Geräusche von Kinderspielzeugen und später, nach reicher Erfahrung in elektronischen Studios, auch Tonbandaufnahmen in die Chorpartien ein. Ihr Stil ist durch eine gewisse Askese geprägt, könnte man sagen, und zwar in allen kompositorischen Parametern. Ihre Werke, vor allem die in den 1970er- und 1980er-Jahren komponierten, sind allesamt kurz und dauern selten länger als zehn Minuten. Sie sind hauptsächlich auf kleinere Ensembles ausgerichtet, abgesehen von zahlreichen Chorwerken.
Ihr Bezug zur traditionellen Volksmusik ist neu und von entscheidender Bedeutung für die ästhetische Gestaltung ihrer Werke. Der Schwerpunkt liegt nicht auf dem Zitieren von Volksmelodien oder -rhythmen, sondern auf dem Klang der Folklore als akustisches Phänomen, oft auch mit Bezug auf die sie umgebende Umwelt. Dies wird besonders deutlich in den Kompositionen Tužbalica (ein Ritual der Totenklage) für Frauenchor, Kres für gemischten Chor und Schlagzeug (ein Ritual des Feuerspringens und des Kranzflechtens) und in Ekloga für Bläserquintett, Streicher und Schlagzeug.
Weitere wichtige Werke: Chorwerke (Pesme noći für Frauenchor, Streicher, Harfe und Klavier; Zvona für Chor und Tonband), Kammermusik (Dubrovačka lirika für Bariton, Laute und Instrumentalensemble; Nokturno für Flöte und Gitarre, Muzika za 13 gudača), konzertante Werke (Svirač i ptice für Klarinette und Orchester) und elektroakustische Werke (Nokturno, Figure u pokretu, Asteroidi).
![[Koehne Quartett; Foto_Skye_Kiss]](https://sp-ce.net/wp-content/uploads/2024/10/Koehne-Quartett-Foto_Skye_Kiss-300x200.jpg)
Koehne Quartett
Joanna Lewis, Violine | Anne Harvey-Nagl, Violine | Lena Fankhauser, Viola | Arne Kircher, Violoncello
Das Koehne Quartett, 1987 gegründet von Joanna Lewis, zählt zu den überragenden Interpreten zeitgenössischer Musik in Mitteleuropa. Das Repertoire des Quartetts spannt einen großen musikalischen Bogen von klassischen Komponisten für Streichquartett bis zu Werken des 20. und 21. Jahrhunderts. Von Beginn an suchte das Quartett vor allem die enge Zusammenarbeit mit den Komponisten, deren Musik es spielt, um eine möglichst hohe authentische und lebendige Interpretation ihrer Werke zu erreichen. Was mit Werken Graeme Koehnes – einem der renommiertesten und facettenreichsten Komponisten Australiens – begann, setzt sich seither konsequent mit österreichischen Zeitgenossen wie Friedrich Cerha, Kurt Schwertsik, Francis Burt, Thomas Pernes, Gerd Kühr, Thomas Larcher oder Wolfgang Liebhart fort. Dieses Arbeitsprinzip des Koehne Quartetts, musikalisches Neuland gemeinsam mit dem Komponisten zu betreten, wurde durch die Teilnahme an Meisterklassen beim Alban Berg Quartett (Günter Pichler), dem Amadeus und dem Brodsky Quartett, bei Hatto Beyerle und György Kurtág wesentlich beeinflusst. Darüber hinaus arbeitet das Koehne Quartett auch regelmäßig mit internationalen Jazzmusikern wie Dave Liebman, Wayne Horvitz, Peter Herbert, Anthony Braxton, Georg Graewe, Max Nagl und Otto Lechner und mit Künstlern aus der Weltmusik wie Marcel Khalife, Marwan Abado und Dhafer Youssef.